Sensor zur Messung der Felstemperatur an der Oberfläche am Piz Corvatsch im Engadin auf 3300 m ü. M. ©Bild: Matthias Lichtenegger

Scnat : Keine Erholung für den Permafrost in der Schweiz

(PM) Nach zwei Jahren mit wenig Schnee und sehr heissen Sommern bleibt der Permafrost in der Schweiz im Herbst 2023 warm und der Eisgehalt des Bodens nahm vielerorts weiter ab. Die Blockgletscher bewegten sich zudem schnell talwärts. Dies geht aus den neuesten Messungen des Schweizer Permafrost-Messnetzes hervor. Der Trend dürfte sich 2024 fortsetzen. (Texte en français >>)


Die hydrologischen Jahre 2022 und 2023 waren in der Schweiz aussergewöhnlich warm mit Lufttemperaturen 1,5 bis 1,9 Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt der Periode 1991–2010. Das hydrologische Jahr 2023, das von Oktober 2022 bis September 2023 dauerte, war sogar das wärmste seit Beginn der Messungen im Jahr 1864. Die Winter 2022 und 2023 waren gekennzeichnet durch einen relativ späten Wintereinbruch in den hohen Lagen sowie unterdurchschnittliche Schneehöhen, insbesondere im Hochwinter.

Schneearme Winter dämpften die Auswirkungen der heissen Sommer
Diese Witterungsbedingungen beeinflussten den Permafrost in den Schweizer Alpen unterschiedlich: Als Folge des Hitzesommers 2022 wurden an vielen Stationen des Schweizer Permafrost-Messnetztes Permos rekordhohe Oberflächentemperaturen erreicht, die die bisherigen Höchstwerte aus den Jahren 2003, 2015 und 2019 übertrafen. Die schneearmen Winter führten dagegen zu einer deutlichen Abkühlung an der Bodenoberfläche, da die isolierende Schneedecke fehlte.

Ost- und Zentralschweiz etwas besser als Westschweiz
Die Oberflächentemperaturen erreichen die grösseren Tiefen erst einige Monate verzögert und gedämpft. So wurde 2023 an den meisten Standorten in 10 und 20 Metern Tiefe eine leichte Erwärmung gegenüber dem Vorjahr gemessen. An einigen Standorten überwog auch die winterliche Auskühlung und führte zu leicht tieferen Permafrosttemperaturen. Deshalb haben die Eisgehalte im Untergrund je nach Standort im Vergleich zum Vorjahr etwas zu- oder abgenommen. Die Blockgletscher bewegten sich 2023 in der Ost- und Zentralschweiz etwas langsamer und in der Westschweiz etwas rascher talwärts.

Auftautiefen von bis zu 5 Metern
Die Temperaturmessungen zeigten weiter, dass die Auftauschicht in den Schweizer Permafrost-Gebieten im Sommer 2023 die Rekordwerte des vergangenen Jahres wieder erreichten oder nahe bei diesen lagen. Am Schilthorn in den Berner Alpen ist die Auftauschicht mit über 13 Metern im Jahr 2023 etwa dreimal so mächtig wie vor 20 Jahren. An vielen Standorten vergrösserte sich die Auftautiefe in diesem Zeitraum um einige Dezimeter, zum Beispiel am Blockgletscher Schafberg oberhalb Pontresina, oder etwa 2 Meter, zum Beispiel am Stockhorn oberhalb von Zermatt auf 5,2 Meter.


Permafrost
Als Permafrost wird Untergrundmaterial wie Fels oder Schutt bezeichnet, das während mehrerer Jahre eine Temperatur von maximal 0 °C aufweist. Man findet Permafrost unter gut 5 % der Schweizer Landesfläche, typischerweise in kalten und hochgelegenen Schutthalden und Felswänden oberhalb von etwa 2500 Meter über Meer. Für das Vorkommen von Permafrost ist nicht in erster Linie die Lufttemperatur, sondern die Temperatur an der Bodenoberfläche entscheidend. Diese wird zusätzlich zur Lufttemperatur auch von der Sonneneinstrahlung und der Schneedecke, resp. vom Zeitpunkt des Einschneiens und Ausaperns, beeinflusst.

Blockgletscher
Blockgletscher bestehen aus eisreichem Lockermaterial, das sich langsam hangabwärts bewegt. An der Oberfläche bestehen sie typischerweise aus grobem Schutt und erkennbar sind sie durch ihre zungenartige Form. Die Blockgletschergeschwindigkeit ist ein indirektes Mass für die Temperaturbedingungen im Permafrost.


Der Trend dürfte sich auch 2024 fortsetzen
Neuste Daten zeigen bereits erste Auswirkungen des Winters 2024. Eine frühe Schneedecke in den hohen Lagen im Herbst 2023 nach einem sehr warmen Sommer speicherte die Wärme im Boden. Dies führte zu sehr hohen winterlichen Temperaturen in den obersten Metern des Bodens, die in den kommenden Monaten weiter in die Tiefe geleitet werden.

Generell zeigen alle beobachteten Grössen nach dem hydrologischen Jahr 2023 weiterhin warme Bedingungen in allen Permafrost-Regionen. Auch wenn zwischen den Jahren mehr oder weniger grosse Schwankungen oder kurzfristig kühlere Perioden beobachtet werden, führen die wärmeren klimatischen Bedingungen der letzten Jahrzehnte langfristig zu einer immer deutlicheren Erwärmung und Degradation des Permafrosts sowie zu einer zunehmenden Blockgletschergeschwindigkeit.

Text: Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT)

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