Calyxo will mittelfristig die Produktionskosten auf weniger als 0.50 US-Dollar pro Watt senken. ©Bild: Calyxo

Manz bietet seit 2010 eine schlüsselfertige 150-MW-Turnkey-Produktionslinie an. Sie ermögliche inzwischen Module mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 14% und Produktionskosten von 0.41 Euro, also aktuell 0.57 Dollar pro Watt. ©Bild: MANZ

Bis 2018 will First Solar seine Produktionskapazität von aktuell 1.9 auf 3.5 Gigawatt fast verdoppeln.

Photovoltaik: Neue Hoffnung für die Dünnschicht

(SR) Die Dünnschichthersteller starten einen neuen Anlauf, um den Produzenten kristalliner Siliziummodule mit konkurrenzlos günstigen Produkten Marktanteile streitig zu machen. Ein realistischer Plan? Ihr Anteil an den globalen Installationen schrumpfte zwischen 2009 und 2013 von 18 auf zehn Prozent, während der Marktanteil der multikristallinen Module auf mehr als 60 Prozent kletterte.


Die deutsche Photovoltaikindustrie sendet ein Lebenszeichen: Die Dünnschichtfirma Calyxo hat im ostdeutschen Bitterfeld-Wolfen eine neue 60-Megawatt-Linie für Module aus Cadmium-Tellurid (CdTe) in Betrieb genommen. 54 Millionen Euro hat das Unternehmen investiert, um die Produktionskapazität am Standort auf insgesamt 85 Megawatt auszubauen. Die Investition markiert eine Zäsur. Die deutschen Zellen- und Modulhersteller sorgten zuletzt für negative Schlagzeilen, denn viele mussten im Preiskampf mit China aufgeben.

Neues Selbstbewusstsein
Calyxo steht aber auch für ein neues Selbstbewusstsein der Dünnschichthersteller. „Wir werden mittelfristig die Produktionskosten auf weniger als 0.50 US-Dollar pro Watt senken. Damit produzieren wir dann wohl weltweit zu den niedrigsten Kosten“, sagt Unternehmenschef Florian Holzapfel. Solche starken Ansagen hörte man aus dem Lager der Dünnschichtproduzenten in letzter Zeit selten. Denn mit dem Preisverfall bei den Siliziummodulen ist ihr Ziel, die vergleichsweise massige kristalline Konkurrenz mit dünn und günstig beschichteten Modulen aus dem Markt zu drängen, ausser Sichtweite geraten.

Ausgelöst durch enorme Überkapazitäten am Weltmarkt und stark fallende Siliziumpreise sanken die Herstellungskosten kristalliner Chinamodule laut der US-Marktforschungsfirma GTM Research von 2009 bis 2013 um fast zwei Drittel auf 0.50 Dollar pro Watt. Diese starken Kostensenkungen konnten die Dünnschichthersteller nicht mitgehen.

Marktanteil schrumpft
Auch bei den Wirkungsgraden reicht die Dünnschicht nicht an die Siliziummodule heran. Während selbst die einfachen multikristallinen Module derzeit im Durchschnitt 15.4 Prozent des Sonnenlichts in Strom umwandeln, erreichen industriell gefertigte Dünnschichtpaneele nur 13 bis 14 Prozent Effizienz. Bei den Investoren blieb die Dünnschicht deshalb oft nur zweite Wahl: Ihr Anteil an den globalen Installationen schrumpfte zwischen 2009 und 2013 von 18 auf zehn Prozent, während der Marktanteil der multikristallinen Module auf mehr als 60 Prozent kletterte.

0.35 Dollar pro Watt
Mittlerweile rechnen sich die Dünnschichthersteller aber wieder bessere Chancen aus. Die Photovoltaik-Nachfrage zieht an, Überkapazitäten verschwinden, einige chinesische Hersteller haben ihre Preise zuletzt sogar wieder erhöht. „Preisreduktionen bei den Siliziummodulen haben aufgehört, weil ihre Herstellung sonst unprofitabel werden würde“, erklärt Holzapfel. Bei den CdTe-Modulen gebe es hingegen noch viel Luft für Innovationen. „Wir wollen den Wirkungsgrad bis 2017 von derzeit 12.2 auf 16 bis 17 Prozent steigern und halten Produktionskosten von 0.35 Dollar pro Watt für realistisch“, kündigt der Calyxo-Chef an.

Ausbau Produktionskapazität
Der Optimismus der Ostdeutschen gründet sich vor allem auf die ehrgeizigen Ankündigungen des CdTe-Vorreiters First Solar. Die Amerikaner stellten im März neue Ausbau- und Innovationspläne vor, die ihren Aktienkurs unmittelbar in die Höhe schnellen liessen. Bis 2018 will First Solar seine Produktionskapazität von aktuell 1.9 auf 3.5 Gigawatt fast verdoppeln. Skaleneffekte durch die grösseren Produktionsmengen sowie die Erhöhung des Wirkungsgrads von 13.2 auf 17.2 Prozent bis 2017 sollen die Produktionskosten der CdTe-Module „erheblich senken“, heisst es bei First Solar.

Auch die Hersteller von Dünnschichtmodulen auf Basis von Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS) wollen ihre Kapazitäten ausbauen. Gleich vier asiatische Konzerne, Solar Frontier, die Taiwan Semiconductor Company, Samsung und Hanergy investieren in neue CIGS-Fabriken. Bernhard Dimmler, Dünnschichtexperte beim schwäbischen Maschinenbauer Manz, sieht für die Expansionspläne der Unternehmen gute Gründe: „Cigs hat grosses Potenzial.“

CIGSfab

Dimmler verweist auf die „CIGSfab“, eine schlüsselfertige Turnkey-Produktionslinie, die Manz seit 2010 anbietet. Die 150-Megawatt-Standardfabrik ermögliche inzwischen Module mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 14 Prozent und Produktionskosten von 0.41 Euro, also aktuell 0.57 Dollar pro Watt. Bis 2017 will Manz die CIGSfab so optimieren, dass sie Module mit bis zu 17 Prozent Effizienz hervorbringt und die Fertigungskosten um mindestens weitere zehn Prozent sinken. „Damit wären wir mehr als auf Augenhöhe mit den kristallinen Herstellern“, sagt Dimmler.

Mit Vorsicht geniessen
Marktbeobachter glauben jedoch, dass die Aufholjagd der Dünnschicht schwierig werden könnte als ihre Protagonisten annehmen. „Man muss ihre optimistische Einschätzung mit Vorsicht geniessen. Das Rennen mit der Konkurrenz aus kristallinem Silizium ist noch lange nicht gelaufen“, sagt der Analyst Johannes Bernreuter von Bernreuter Research. Solarexperte Stefan de Haan von der Marktforschungsfirma IHS teilt diese Einschätzung: „Mittelfristig hat CIGS schon das Potenzial, zur kristallinen Technologie aufzuschliessen, aber ob es letztlich gelingen wird, ist nicht klar.“

Fehlende kritische Masse
Das grösste Problem sieht de Haan in der fehlenden „kritischen Masse“ der Dünnschichthersteller. Derzeit gebe es weltweit über 60 Gigawatt Produktionskapazität für kristalline Siliziummodule. Die grossen Hersteller könnten auf schlüsselfertiges Fertigungsequipment zurückgreifen und einen Teil ihrer Kosten für Forschung und Entwicklung auf die Anlagenbauer abwälzen, so de Haan. Die Dünnschichthersteller seien dazu nur bedingt in der Lage. Sie müssten ihre jeweilige Technologie komplett hausintern weiterentwickeln, dabei in einem stark wachsenden Markt ihre Anteile behaupten und gleichzeitig einen Kostenrückstand in einen -Vorsprung verwandeln. „Dünnschicht muss besser sein als kristallin, sonst wird sich der Mainstream durchsetzen“, so de Haan.

Dass auch die kristallinen Hersteller auf schnelle technische Fortschritte erpicht sind, macht die Sache für die Dünnschicht nicht leichter. So meldeten Kyocera aus Japan und Ja Solar aus China im Februar, multikristalline Rekordzellen mit 18.6 und 19 Prozent Wirkungsgrad produziert zu haben. Auf Modulebene ermöglichen die neuen Zellen jeweils mehr als 16 Prozent Effizienz. Im Sommer wollen beide Konzerne mit ihrer kommerziellen Fertigung beginnen.

Rohstoff Indium und Tellur
Klaus Lips, Dünnschichtforscher am Helmholtz-Zentrum Berlin, sieht vor allem die unbegrenzte Verfügbarkeit des Rohstoffs Silizium Vorteil der kristallinen Hersteller an. Im Gegensatz dazu seien Indium und Tellur, wesentliche Bestandteile der Dünnschichtmodule, knapp. „Wenn die Dünnschicht einen hohen Marktanteil anstrebt, müssen diese Elemente durch besser verfügbare ersetzt werden“, sagt Lips. Bis zur Marktreife von Zellen aus alternativen Materialien sei aber noch viel Forschung nötig, sagt Lips. „Wir stehen hier erst am Anfang.“ An den Kräfteverhältnissen im Photovoltaikmarkt dürfte sich vorerst wenig ändern.

©Text: Sascha Rentzing

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